Gemäss Elisabeth Kübler-Ross, eine der bekanntesten
Sterbeforscherinnen, können fünf Phasen für den Prozess des Sterbens und
der Trauer unterschieden werden: Leugnen, Wut, Feilschen und
Verhandeln, Depression und Annahme. Andere Autoren beziehen noch die
Phasen der Desorganisation, Schuldgefühle und der Angst mit ein. Die
verschiedenen Abschnitte werden mit "Zitaten" von Frau Elisabeth
Kübler-Ross versehen.
Leugnen
"Nicht ich, das kann unmöglich mir
passieren". Bezeichnend für die Phase des Leugnens sind Schockgefühle,
Unglaube, Starre und Betäubung. Das Leugnen schützt den Trauernden
vorübergehend, bis er soweit ist, dass er sich dem Verlust stellen kann.
Auf der einen Ebene weiss er, dass eine ihm nahestehende Person
verstorben ist, aber auf der anderen Ebene ist er noch nicht bereit,
dieses zu akzeptieren. Man sollte nicht versuchen, diese Phase allzu
schnell hinter sich zu bringen. Leugnen ist ein natürliches Phänomen.
Trauernde lassen das Leugnen ganz von selbst sein, wenn sie soweit sind.
Falls dies selbst nach einigen Wochen nicht der Fall ist, sollte ein
Berater zu Hilfe gezogen werden.
Wut
"Warum ausgerechnet ich? „Warum ich?“,
oder "Warum mein Mann / meine Frau / mein Kind?" sind Fragen die sich
Trauernde, meist mit grosser Wut, stellen. Vorwürfe an Ärzte sind
ebenfalls sehr häufig (Wieso konnte meine geliebte Person nicht
"gerettet" werden?). Je nach Todesart (Flugzeugabsturz, Attentat,
Krankheit, Krieg) richtet sich diese Wut auch an "Gott" oder Dritte.
Wutgefühle können den Hinterbliebenen helfen, sich von den Schmerzen zu
erholen. Die Wut zu unterdrücken kann zu Depressionen und
Feindseligkeiten führen. Trauernde sollten sich bemühen, ihre Wut auf
gesunde Weise zu äussern - darüber reden, Tagebuch schreiben,
einschlagen auf ein Kissen oder die Wut in Bewegungsenergie durch
Spaziergänge oder andere sportliche Aktivitäten umsetzen.
Schuldgefühle
"Warum
habe ich nicht...?" oder "Hätte ich doch nur..." sind quälende Fragen
und Vorwürfe, die man sich nach dem Verlust einer Person oft stellt.
Hinter dem "nicht-annehmen-können" des Todes steckt unter anderem meist
auch der Wunsch, noch einmal eine Chance mit dem geliebten Menschen zu
bekommen. Manchmal ist es jedoch leichter, sich selbst Vorwürfe zu
machen, als zu akzeptieren, dass der Tod ein Teil des Lebens ist. In
speziellen Fällen, z.B. bei einem Autounfall, ist es natürlich wirklich
so, dass ein Hinterbliebener Schuld am Tod eines geliebten Menschen hat.
Es kann unter solchen Umständen sehr lange dauern, bis man mit sich
selber Frieden schliessen kann. Versuchen Sie, Ihre Schuld zu überprüfen
und wirkliche Schuld von falscher Schuld zu unterscheiden. Gespräche
mit Angehörigen, Freunden und Bekannten und allenfalls mit Beratern
helfen Ihnen, diese Gefühle zu verstehen und zu verarbeiten.
Desorganisation
Nachdem
eine erste Verarbeitung des Verlustes möglich war, bricht meist eine
grosse Flut von Gefühlen auf die Betroffenen herein: Angst, Widerwille,
Zweifel, Erleichterung, Wut und Traurigkeit. Wer jeder einzelnen
Gefühlsregung nachspürt, wird sich schnell überfordert fühlen. Versuchen
Sie, in Gesprächen mit Angehörigen, Freunden und Bekannten und
allenfalls mit Beratern diese Gefühle zu verstehen und zu verarbeiten.
Feilschen und Verhandeln, Hadern mit Gott
Es
kommt vor, dass Trauernde darum beten, dass der Verstorbene nicht
wirklich gestorben ist. Sie sehnen sich so sehr nach dem geliebten
Menschen, dass sie bitten, er möge zu ihnen zurückkommen. Auch wenn es
irrational erscheint, über das Zurückkehren eines Verstorbenen
verhandeln zu wollen, kann ein normaler Bestandteil des
Heilungsprozesses sein.
Depression
"Das
Spiel ist aus." Trauernde können durch die anscheinend hoffnungslose
Situation des Verlustes in ein tiefes "psychisches Loch", eine
Depression, fallen. Sie äussert sich meist in Form von
Hoffnungslosigkeit, Trägheit, Apathie, Isolation und Traurigkeit.
Vielfach fehlt den Trauernden selbst für Aktivitäten, die ihnen zuvor
Freude gemacht haben, jegliches Interesse. Eine Trauerdepression ist,
auch wenn es vielleicht nicht so aussieht, vorübergehender Natur. Die
Dauer solcher Depressionen ist von Person zu Person verschieden. Es ist
durchaus normal, dass die Betroffenen sich monatelang depressiv und
niedergeschlagen fühlen. Versuchen Sie Licht am anderen Ende des
Tunnels zu sehen. Es gibt hierfür sehr viele verschiedene Mittel und
Methoden, die in vielen Büchern zum Thema Depressionen vorgestellt
werden. Lassen Sie sich ruhig Zeit, diese Phase zu verarbeiten.
Angst
Angst
ist ein normaler Bestandteil des Trauerprozesses. Der Tod ist so
allüberragend im Bewusstsein, dass alle Gefahren der Welt über einen
hereinzubrechen scheinen. Es kann zur Besessenheit werden, dass der
Trauernde nur noch sieht und hört, auf welche Weise man sterben kann.
Trauernde Menschen können vorübergehend ausserstande sein, zwischen
realistischen und unrealistischen Ängsten zu unterscheiden. Sie können
Angst haben, sich die Krankheit zuzuziehen, an der ihre Lieben gestorben
sind. Oder sie haben Angst, in ein Auto oder eine Fähre zu steigen,
weil ihre Lieben damit bei einem Unfall ums Leben kamen. Für Personen,
die sich von ihrer Angst überwältigt fühlen, kann es hilfreich und
ratsam sein, mit anderen Trauernden, Trauerberatern zu sprechen.
Akzeptanz
"Es
ist gut so". Nach grosser Verzweiflung und vielen Kämpfen akzeptieren
Trauernde schliesslich die Realität des Todes eines geliebten Menschen,
so dass der Heilungsprozess beginnen kann. Es eröffnen sich endlich neue
Möglichkeiten - man sieht Licht am Ende des Tunnels. Das Leben sieht
nicht mehr düster aus. Es gibt neue Hoffnung. Die Hinterbliebenen
finden wieder Interesse am Leben. Sie können wieder lachen und ihre
Freunde und Familie wieder mehr geniessen. Sie können an den geliebten
Verstorbenen denken, ohne von Traurigkeit überwältigt zu werden und sie
haben sogar das Gefühl, durch den Verlust etwas gelernt zu haben. Viele
wenden sich neuen Interessensgebieten zu (wohltätige Arbeiten, neue
Hobbies) und werden dankbarer für ihr Leben und das Leben ihrer Lieben.
Medikamente nehmen?
Bei Trauernden stellen
sich Veränderungen im Appetit- und Schlafverhalten ein. Sie können
möglicherweise überhaupt nicht mehr schlafen oder stellen umgekehrt
fest, dass sie nur noch schlafen möchten. Ebenso kann es sein, dass sie
jeden Appetit verloren haben oder auch mehr als gewöhnlich essen.
Trauer schmerzt, nicht nur psychisch, sondern auch physisch, so dass
Trauernde unter Kopfschmerzen, Brustschmerzen, Magenschmerzen oder
Brechreiz leiden können. Man ist häufig "krank vor Trauer und Schmerz".
Viele Trauernde fragen sich deshalb, ob es sinnvoll sei Medikamente zu
nehmen. Die Einnahme von Medikamenten ist sicherlich mit Vorsicht zu
empfehlen. Leichtere Medikamente (z.B. Aspirin, Baldriantropfen) können
ohne Bedenken eingenommen werden. Vielfach helfen auch
Entspannungsübungen, körperliche Bewegung und eine angenehme Ernährung,
einige der physischen Belastungen zu lindern. Gespräche mit anderen
Personen (siehe unten) helfen, die psychischen Schmerzen zu verarbeiten.
Mit wem reden?
Sich von einem geliebten Menschen
zu verabschieden und den Verlust zu verarbeiten, ist eine der
schmerzlichsten Situationen, mit denen wir im Leben konfrontiert werden.
Sie sollten keine Scheu haben, ihre Gefühle zuzulassen und zu zeigen.
Versuchen Sie offen mit anderen Angehörigen, Bekannten und Freunden zu
reden. Oft ist es auch sinnvoll, mit Trauerberatern, Ärzten oder
religiösen Beratern zu sprechen. Denken sie allenfalls auch daran
Begleitgruppen von Freiwilligen oder Diskussionsgruppen zu kontaktieren.
Vielen Betroffenen fällt es einfacher, Rat und Hilfe in anonymen
Gruppen zu suchen. Das Internet kann für solche Personen ein ideales
Medium sein, um Gleichgesinnte oder Drittpersonen zu finden, die bei der
Trauerbewältigung helfen können.
Wieder arbeiten?
In
der ersten Phase nach dem Verlust einer geliebten Person ist es meist
sehr schwer, sich im "normalen Arbeitsalltag" wieder zurechtzufinden.
Viele Personen können und wollen zuerst eine Ruhepause einschalten.
Andere stürzen sich noch mit mehr Energie in die Arbeit, um nicht an den
"Verlust denken zu müssen". Seien Sie sich bewusst, dass es für ihre
Arbeitskollegen auch nicht eine einfache Zeit ist, da sie eventuell
nicht wissen, wie sie sich Ihnen gegenüber verhalten sollen. Überlegen
Sie sich sehr gut, wann und mit welcher Arbeitsleistung Sie wieder
arbeiten. Scheuen Sie auch nicht das Gespräch mit Ihren Vorgesetzten.
Andere trösten
Neben der eigenen Trauer müssen
Sie oft auch nahe Verwandte und Bekannte trösten. Dies ist meist sehr
schwierig. Versuchen Sie in Gesprächen Trost und Anteilnahme zu spenden.
Oft hilft auch das Zuhören - Trauernde wollen vielfach auch eine
Ansprechperson haben um Ihre innersten Gefühle auszusprechen. Bedenken
Sie auch die oben erwähnten Phasen der Trauer, die Ihnen beim Trösten
anderer helfen können.
Wie wieder Lebenskraft schöpfen
Nach grosser
Verzweiflung und vielen Kämpfen akzeptieren Trauernde schliesslich die
Realität des Todes eines geliebten Menschen, so dass der Heilungsprozess
beginnen kann. Es eröffnen sich endlich neue Möglichkeiten - man sieht
Licht am Ende des Tunnels. Das Leben sieht nicht mehr düster aus. Es
gibt neue Hoffnung. Als Hinterbliebene finden Sie wieder Interesse am
Leben. Sie können wieder über kleine alltägliche Dinge freuen oder
lachen und ihre Freunde und Familie wieder mehr geniessen. Sie können an
den geliebten Verstorbenen denken, ohne von Traurigkeit überwältigt zu
werden und Sie haben sogar das Gefühl, durch den Verlust etwas gelernt
zu haben.